Allergene - Nachweis durch Raketen



Allergien - Allergene

Aus der Vielzahl der potentiell allergieauslösenden Lebensmittel kommt der Erdnuss bekanntermaßen eine besondere Bedeutung zu. Warum ist dies so? Im Vergleich zu den meisten anderen durch Lebensmittelinhaltsstoffe verursachten allergischen Reaktionen kann die durch Erdnussprotein ausgelöste IgE-vermittelte Lebensmittelunverträglichkeit sehr dramatisch verlaufen. Für Erdnussallergiker ist es daher von eminenter Bedeutung, Produkte, die Erdnussproteine enthalten oder enthalten können, zu meiden. Da allergische Reaktionen bei entsprechend disponierten Personen (hochsensibilisierte Allergiker) bereits durch geringste Mengen ausgelöst werden können, sind empfindliche analytische Nachweis- und Bestimmungsmethoden, mit denen Spuren dieses Allergens sicher nachgewiesen werden können, von größter Relevanz. "Erdnussprotein" als solches besteht genauer betrachtet aus einer Vielzahl chemisch unterschiedlicher Eiweißfraktionen wie z. B. den Albuminen und Globulinen. Letztere werden weiterhin in eine Arachin- und Conarachinfraktion unterteilt, die jeweils wieder in weitere Untergruppen aufgetrennt werden können. Die allergen wirkenden Proteine (IgE-reaktive Proteine) sind außergewöhnlich hitzestabil und können daher nicht nur beim Verzehr ungerösteter, sondern auch gerösteter Erdnüsse ihre Wirkung entfalten.

Analytik – Rocket-Technik

Da Allergene in der Regel hochmolekulare Eiweißkörper sind, kommen für deren Nachweis und Bestimmung nur spezielle chemische Analysenmethoden infrage. Eine besonders interessante und praktikabel handzuhabende Technik ist ein immunochemisches Verfahren, kombiniert mit einer speziellen Elektrophoresetechnik, der sogenannten RIE (Rocket-Immunelektrophorese). Das Prinzip der immunochemischen Analytik basiert auf der Antigen-Antikörperreaktion. Unter Antigenen versteht man hochmolekulare Substanzen, die eine Antikörpersynthese im Körper auslösen können. Der Vorteil von immunochemischen Reaktionen ist die extrem hohe Spezifität, mit der eine hochmolekulare Komponente (Protein) aus einer großen Vielzahl anderer Substanzen selektiv und auch sehr sensitiv durch Präzipitatbildung nachgewiesen wird. Bei der „Rocket-Immunelektrophorese", die ihren Namen von der Ausbildung raketenähnlicher Nachweiszonen in dem Gel ableitet, handelt es sich um eine quantitative Methode. Hier wandern Antigene (z. B. Erdnußprotein in entsprechend aufgearbeiteten Lebensmittelextrakten) in einem mit Antikörpern bestimmter Konzentration versetzten Agarose-Gel in einem angelegten elektrischen Spannungsfeld. Bei der elektrophoretischen Wanderung des proteinhaltigen Probenextraktes werden von im Agarose-Gel immobilisierten Antikörpern so lange jeweils Antigene und Antikörper im Verhältnis 1:1 gebunden, bis das Konzentrationsverhältnis dem Äquivalenzpunkt für den Immunkomplex entspricht. Hierbei bilden sich die besagten raketenförmigen Ausfällungs- bzw. Präzipitationslinien aus. Die Fläche der Präzipitate ist proportional der Konzentration des Antigens (Proteins) in der eingesetzten Probenlösung. Unter Zuhilfenahme entsprechender Kalibrierstandards kann dann die detektierte Proteinmenge auf den in der Probe vorhandenen Eiweißgehalt des allergieauslösenden Bestandteils umgerechnet werden.

Spurennachweis möglich

Die Rocket-Immunelektrophorese bietet mit ihrer hohen Nachweisempfindlichkeit mit der noch 0,001% Erdnuss in Produkten wie z. B. Schokolade nachgewiesen werden kann, eine sehr gute Möglichkeit zur quantitativen Bestimmung von Erdnussanteilen in Lebensmitteln einschließlich der Kontrolle auf eventuelle Verunreinigungen mit Erdnuss z. B. durch Cross Contact bzw. Cross Contamination.

Grundlagen der Methode

Die Basisarbeit für dieses Analyseverfahren wurde im Rahmen eines Forschungsauftrages vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) erbracht und in der BgVV-Schriftenreihe unter BgVV-Heft 10/1997 mit dem Titel „Validierung von Nachweismethoden für allergene Pflanzenproteine in zusammengesetzten Lebensmitteln" veröffentlicht. Da die Methode für die Untersuchung von Süßwaren und hier speziell von Schokolade von besonderer Relevanz ist und die Bearbeitung interessanter Fragestellungen ermöglicht, wurde sie am Lebensmittelchemischen Institut des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (LCI) intensiv getestet und für den Routinebetrieb adaptiert.
Es gibt in der Analytik also auch „gute Raketen".

SÜSSWAREN (1999) Heft 6

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