Die Kraft der Farben!

Was haben Weingummi, Götterspeise, Cocktailkirschen, Fruchtbonbons und viele andere Lebensmittel gemeinsam? – Sie alle sind farbig und schmecken gut.
Der Mensch lebt in einer visuellen Welt, in der Farben einen immensen Informationsgehalt beinhalten. Wir leben mit Farben! Dies gilt auch ganz wesentlich für den Bereich
Essen und Trinken. Zu den Urerfahrungen des Menschen gehört, dass bestimmte Lebensmittel eine bestimmte Farbe haben müssen, um als schmackhaft oder zumindest als genießbar zu gelten. Unsere Augen essen und genießen mit.

Wie entsteht ein farbiger Eindruck?

Fällt Licht auf eine uns farbig erscheinende Substanz, wird durch den Molekülaufbau der farbgebenden Substanz Licht einer bestimmten Wellenlänge absorbiert (=verschluckt). Der restliche Teil des Lichtes wird reflektiert (=zurückgeworfen). Das ist dann die Farbe, die wir sehen. Absorbierte und reflektierte Farben sind Komplementärfarben, das heißt, sie stehen sich im Farbenkreis gegenüber (siehe Abbildung). Wird das gesamte Licht reflektiert, erscheint die Substanz weiß; wird es vollständig absorbiert, erscheint die Substanz schwarz.

Wozu eigentlich färben?

Die Lebensmitteltechnologie versucht mittels moderner, schonender Produktionsverfahren, mögliche Farbverluste von vornherein zu verhindern. Gelingt dies nicht oder müssen die durch Verarbeitung und spätere Lagerung entstehenden Farbverluste korrigiert oder natürliche Schwankungen in der Farbintensität der Rohware ausgeglichen werden, kann auf die Färbung eines Lebensmittels zurückgegriffen werden. Darüber hinaus kann die Farbe eines Produktes verstärkt bzw. können eigentlich farblose Produkte, wie z. B. viele Zuckerwaren, entsprechend ihrer Formgebung und Aromaaussage möglichst naturgetreu gefärbt werden, um so die Appetitanregung zu unterstützen und die Freude am Verzehr zu steigern. Eine technologische Notwendigkeit ist für eine Färbung jedoch immer Voraussetzung.

Welche Gruppen von Lebensmittelfarbstoffen gibt es?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Lebensmittel zu färben:
a) mit färbenden Lebensmitteln bzw. entsprechenden Auszügen
b) mit natürlichen Farbstoffen
c) mit naturidentischen Farbstoffen
d) mit synthetischen Farbstoffen.
Zu den färbenden Lebensmitteln gehören zum Beispiel entsprechende Säfte oder Extrakte (Johannisbeer, Heidelbeer, u. a.). Die natürlichen Farbstoffe werden als "reine" Substanzen aus der Natur gewonnen (z. B. Carotinoide, Chlorophylle, Betanin, etc.), während die naturidentischen Farbstoffe den natürlichen Farbstoffen zwar chemisch gleich sind, jedoch durch Synthese hergestellt werden. Synthetische Farbstoffe haben kein Vorbild in der Natur, sie stellen artifiziell gewonnene Stoffe dar (z. B. Azofarbstoffe).

Im Spannungsfeld zwischen Farben und Farbstoffen

Allgemein akzeptiert ist es, dass Lebensmitteln – soweit notwendig – natürliche oder naturidentische Farbstoffe zugesetzt werden. Das ist jedoch nicht immer ganz unproblematisch, da diese Farbstoffe in der Regel sehr oxidations- und häufig auch lichtempfindlich sind und infolgedessen zu Farbverlusten neigen. Aus diesen Gründen können bestimmte Lebensmittel, bei denen eine Färbung vom Gesetzgeber zugelassen ist, auch mit synthetischen Farbstoffen versehen werden. Synthetische Farbstoffe zeichnen sich durch eine höhere Ergiebigkeit und Farbintensität aus. Sie lassen sich in der Regel auch bei vergleichsweise höheren Temperaturen problemloser verarbeiten und sind stabiler gegen Licht und Sauerstoff. Diesen klaren Vorteilen stehen aber häufig bei den Verbrauchern Akzeptanzvorbehalte gegenüber. In dieser Diskussion hilft auch selten der wissenschaftlich fundierte Hinweis, dass synthetische Farbstoffe mehr noch als die natürlichen Produkte umfangreichsten toxikologischen Untersuchungen unterworfen sind, um ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit zu gewährleisten.

SÜSSWAREN (1998) Heft 9

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