Neue Süßstoffe im Focus – Stevia

Was sind Süßstoffe?

Süßstoffe sind Stoffe, die sich durch einen intensiven süßen Geschmack auszeichnen, der
mindestens 10mal süßer ist, als der von Saccharose (gewöhnlicher Haushaltszucker). Sie können den verschiedensten chemischen Substanzklassen angehören. Unterschieden werden hierbei zum Beispiel natürliche und synthetische Süßstoffe. Zur erstgenannten Kategorie gehören u. a. die Stevia-Glykoside. Als wichtige synthetische Süßstoffe sind Aspartam (ein Dipeptid aus Asparaginsäure und Phenylalanin), Saccharin (Benzoesäuresulfimid), Cyclamat (Cyclohexylsulfaminsäure) und Neotam® (ein Derivat des Aspartams) zu nennen.
Wichtige Eigenschaften der Süßstoffe sind neben ihrer im Verhältnis zum meist sehr geringen Energiegehalt enormen Süßkraft, die Löslichkeit in Wasser, sowie ihre Anti-Kariogenität (nicht Karies fördernd, da sie im Mund nicht zu Säuren abgebaut werden, welche den Zahnschmelz schädigen können).

Kurzer Blick in die Historie von Stevia & Co

Die Geschichte der Süßstoffe reicht bis in das späte 19. Jahrhundert zurück. Der
am längsten bekannte Süßstoff ist das Saccharin. Es wurde 1879 zufällig von Constantin Fahlberg entdeckt, als dieser sich versehentlich eine eben im Labor hergestellte Substanz über die Hand schüttete. Später, beim Essen eines Brotes, stellte Fahlberg den süßen Geschmack fest und das „Saccharin“ war entdeckt. Der Name „Saccharin“ leitet sich vom lateinischen Wort für Zucker „saccharum“ ab.
Stevia rebaudiana, kurz Stevia genannt, ist eine auf dem amerikanischen Kontinent beheimatete Pflanze. Die stark süßende Wirkung ist den Ureinwohnern Brasiliens und Paraguays seit Jahrhunderten bekannt. 1887 entdeckte ein Schweizer Botaniker namens Bertoni die Pflanze und gab ihr den Namen Stevia rebaudiana. Auch Bertoni erkannte die süßende Wirkung der Blätter. Er schrieb 1901: „….ein paar kleine Blätter sind ausreichend, um eine Tasse starken Kaffee oder Tees zu süßen.“
Die Pflanze wird seit über 500 Jahren in Südamerika angebaut und als Süßungs- und Heilmittel von der indigenen Bevölkerung Paraguay und Brasiliens verwendet.

Welche Inhaltsstoffe machen den süßen Geschmack eigentlich aus?

Die Bestandteile, die für die süßende Wirkung von Steviablättern verantwortlich sind, wurden erst 1931 wissenschaftlich erforscht. Dabei handelt es sich um sogenannte Glykoside, dies sind Pflanzenstoffe, die zwecks Wasserlöslichkeit und Transport innerhalb der Pflanze an einen Zuckerrest gebunden sind. Das wichtigste der zehn bisher entdeckten Steviaglycoside ist das sog. Steviosid (5-10 % des Trockengewichts der Blätter, sh. Abbildung), das ca. 150mal süßer als Saccharose schmeckt. Ein weiteres, in der Steviapflanze enthaltenes Glykosid, ist das Rebaudiosid A. Es weist eine wesentlich reinere Süße (bis zu 400mal süßer als Zucker) als viele andere Steviaglycosidside auf und ruft keinen lakritzartigen oder bitteren Bei- oder Nachgeschmack hervor. Durch spezielle Züchtungen der Steviapflanze soll erreicht werden, das Rebaudiosid und Steviosid im gleichen Verhältnis in der Pflanze vorhanden sind, da dann der bittere Nachgeschmack des Steviosids überdeckt werden würde.

Wissenswertes zum Stand der Zulassung von Stevia

In einigen EU-Ländern wie z. B. Frankreich und der Schweiz sowie in Japan und Brasilien ist Stevia schon lange als Lebensmittelzusatzstoff und Zuckeraustauschstoff zugelassen. Er wird unter anderem in Sojasauce, Sauerkonserven, Süßwaren und Softdrinks vor allem als Alternative zu Aspartam und Saccharin verwendet. In den USA ist es als Lebensmittelzusatzstoff verboten, jedoch als Nahrungsergänzungsmittel erlaubt.

In der EU wurde der Antrag Stevia als „Novel Food“ zuzulassen, vorläufig abgelehnt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass es nur wenige unzureichende Informationen über seine gesundheitliche Unbedenklichkeit gibt. Die European Stevia Association (EUSTAS) arbeitet derzeit an einem Neuantrag als „Novel Food“.

Anwendungsmöglichkeiten für Stevia

Stevia wird traditionell als ganzes Blatt (in Teebeuteln) und als Flüssigextrakt angewendet. Getrocknet und pulverisiert kann Stevia wie normaler Zucker verwendet werden, allerdings mit entsprechend höherer Süßkraft (30x). Einige typische Lebensmittelanwendungen sind: Softdrinks, Eiscreme, Joghurt, Kaugummis, Bonbons und Diabetes-Diäten; aber auch in Zahnpasta und in der Hautpflege wird es eingesetzt.

SÜSSWAREN (2010) Heft 7-8

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