Neue Süßstoffe im Fokus – Neotam

Neotam ist ein auf einer Aminosäure basierender Süßstoff. Die Aminosäure aus Neotam findet sich natürlicher Weise in den meisten proteinhaltigen Lebensmitteln wie Fleisch, Milchprodukten und Gemüse.




Was ist Neotam?

Die Geschichte des synthetischen Süßstoffes Neotam ist schnell erzählt, da es sich um ein sehr neues Produkt handelt, das erst seit 2010 in der EU für nichtalkoholische Getränke, Dessertspeisen und ähnlich Erzeugnisse sowie Süßwaren zugelassen ist.

Neotam (oder sein etwas sperriger IUPAC-Name N-[N-C3,3-dimethylbutyl)-L-α-aspartyl-L-phenylalanin-1-methylester, E 961) wurde in einem langjährigen Forschungsprogramm in Zusammenarbeit mit der Firma NutraSweet von den französischen Wissenschaftlern Claude Nofre und Jean-Marie Tinti entwickelt und wird durch reduktive Alkylierung mit Dimethylbutylaldehyd gewonnen.

Eigenschaften und Anwendungen

Neotam ist ein Derivat des Aspartams (ebenfalls ein synthetischer Süßstoff, entdeckt Mitte der 1960er Jahre, vertrieben von der Firma Monsanto). Es hat einen relativ reinen, saccharoseähnlichen, süßen Geschmack. Metallische oder bittere Noten treten nicht auf. In sehr geringen Mengen können Süßstoffe, insbesondere Neotam, auch als Geschmacksverstärker wirken. Neotam kann als „Diabetiker-Zucker“ verwendet werden, da es keinen Einfluss auf Blutzucker und Insulinkonzentration im Blutplasma hat. Neotam ist je nach Konzentration ungefähr 7.000 – 13.000-mal süßer als Saccharose und übertrifft damit deutlich die Süßkraft von anderen synthetischen Süßstoffen wie Cyclamat, Aspartam (30-fache Süßkraft) oder Saccharin.

Da Neotam und Aspartam chemisch eng verwandt sind, kann es auch überall dort eingesetzt werden, wo vorher Aspartam eingesetzt wurde. Allerdings ist Neotam beim Erhitzen im neutralen pH-Bereich etwas stabiler. Unter wässrigen Bedingungen, wie z.B. in kohlensäurehaltigen alkoholfreien Getränken, zerfällt es unter Hydrolyse (Spaltung) langsam.

Um noch ein anderes Beispiel zu nennen, zu welchen interessanten Produkten die Süßstoffforschung fähig ist, zeigt das Beispiel des Lugdunams (vom lat. Lugdunum für Lyon). Es wurde 1996 von Chemikern der Universität Lyon entwickelt und ist der potenteste Süßstoff, der dem Manschen bekannt ist (ca. 220.000 – 300.000-mal so süß wie Saccharose). Zur Verdeutlichung: Ein Teelöffel Lugdunam (ca. 10 g hätte die gleiche Süßkraft wie 3 Tonnen Haushaltszucker.

Sicherheit und Zulassungssituation

Die Sicherheit von Neotam wurde in Reagenzglas-Studien (in vitro) sowie in Kurz- und Langzeitstudien (in vivo) untersucht und in 2007 von der European Food Safety Authority (EFSA) bewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Neotam weder genotoxisch, karzinogen noch reproduktionstoxisch ist. In dem Bewertungsgutachten der EFSA wurde ein ADI-Wert von 0-2 mg/kg Körpergewicht pro Tag festgelegt. Neotam ist in der EU seit 2010 sowie in vielen anderen Ländern als Süßungsmittel zugelassen.

Bei Produkten, die Neotam enthalten, kann – im Gegensatz zu aspartamhaltigen Lebensmitteln – der Warnhinweis „enthält eine Phenylalanin¬quelle“ entfallen. Dieser Hinweis ist für Menschen bestimmt, die an der Erbkrankheit Phenylketonurie leiden und die Aminosäure Phenylalanin nicht richtig verstoffwechseln können. Es ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt, warum dieser Hinweis nicht erforderlich ist, da es sich bei Neotam um ein Aspartam-Derivat und damit ebenfalls um eine Phenylalaninquelle handelt. Vermutet wird, dass die Abspaltung von Phenylalanin nur in sehr geringem Maß erfolgt. Dies muss noch weiter wissenschaftlich untersucht werden.

Seit kurzem gibt es Untersuchungen über die Belastung von synthetischen Süßstoffen im Trinkwasser. Demnach kommen vielfach die Kläranlagen mit den gut wasserlöslichen Substanzen nicht zurecht und können diese nicht entfernen. Betroffen sind Acesulfam K, Cyclamat, Saccharin und Sucralose. Diese Süßstoffe konnten Trinkwasseranalytiker vom Karlsruher Technologiezentrum Wasser in Wasserproben von zwei deutschen Kläranlagen nachweisen. Aspartam und auch Neotam konnten hingegen im geklärten Wasser nicht detektiert werden. Jedoch sind die Konzentrationen im Verhältnis zu den täglich über Lebensmittel aufgenommenen Mengen vergleichsweise gering (im Bereich von 200 µg/l, das entspricht 200 Teilen Süßstoff auf 1 Milliarde Teile Wasser). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Konzentrationen der Substanzen im Wasserkreislauf auf lange Zeit anreichern und somit erhöhen können.

Analytik

Neotam kann nach einer Festphasenextraktion mittels Flüssigchromatographie mit gekoppelter Tandem-Massenspektrometrie bestimmt werden.

SÜSSWAREN (2010) Heft 9-10

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