3-MCPD & Co – ein weiteres Update

Was sind 3-MCPD & Co?
2- und 3-Monochlorpropandiol (2-MCPD und 3-MCPD) gehören zu der Verbindungsklasse der Chlorpropanole und können in Lebensmitteln als Folge einer Säurebehandlung sowie von starken Erhitzungsprozessen entstehen. Neben den freien Verbindungen kommen die Chlor-propanole in gebundener Form vor. 3-MCPD-, 2-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureester (3-MCPDE, 2-MCPDE und GE; siehe Abbildung 1) können während der Raffination von Ölen, speziell bei der Desodorierung, gebildet werden. Als unerwünschte Prozesskontaminanten sogenannte foodborne toxicants können diese in Speisefetten und -ölen sowie in daraus hergestellten Lebensmitteln nachgewiesen werden.


Abbildung 1: Übersicht der Strukturformeln von 3-MCPD & Co





Wie ist die toxikologische Einstufung?
Aus toxikologischer Sicht sind besonders die freien Substanzen zu bewerten, da es während des Verdauungsvorgangs im Magen-Darm-Trakt zu einer nahezu vollständigen Ester¬spaltung kommt und somit die freien Substanzen (2-MCPD, 3-MCPD und Glycidol) vorliegen. In Tierversuchen konnte dem freien 3-MCPD eine Zellzunahme in den Nieren nachgewiesen werden. Die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC, International Agency for Research on Cancer) hat das freie 3-MCPD als „möglicherweise kanzerogen für den Menschen“ (Gruppe 2B) eingestuft. Für 2-MCPD ist die Datenlage bisher nicht ausreichend um eine Unbedenklichkeit bescheinigen zu können. Jedoch wird aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit zum 3-MCPD von einer ähnlichen toxikologischen Relevanz ausgegangen. Glycidol hat Erbgut verändernde sowie Krebs erzeugende Eigenschaften und wurde von der IARC als „wahrscheinlich kanzerogen für den Menschen“ (Gruppe 2A) eingestuft.

Was gibt es Neues im Rechtlichen?
Für 2-MCPDE und 3-MCPDE existieren keine Höchstgehalte in Lebensmitteln. Lediglich für freies 3-MCPD gilt in hydrolysiertem Pflanzenprotein und Sojasoßen bereits seit mehreren Jahren laut der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 ein Höchstgehalt von je 20 µg/kg. Die Europäische Kommission wird bevorstehend Höchstgehalte für GE in pflanzlichen Fetten und Ölen sowie für Säuglingsanfangsnahrung und Folgemilch festsetzen. Der Entwurf sieht für GE in pflanzlichen Fetten und Ölen einen Höchstgehalt von 1.000 µg/kg vor. Grundsätzlich dürfen keine Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, die Kontaminanten in gesund-heitlich bedenklichen Mengen enthalten.

Wie ist die Entwicklung in der Analytik?
Inzwischen existiert eine große Anzahl an Methodenvarianten zur Quantifizierung von 3-MCPDE, 2-MCPDE und GE. Hierbei können direkte von indirekten Methoden unter-schieden werden. Bei den direkten Methoden wird jedes einzelne 2-MCPDE-, 3 MCPDE- und GE-Kongener (siehe LCI-Focus Heft 7/8 2008: Wie viele 3-MCPD-Ester gibt es? Ein Rechenmodell) beispielsweise mittels LC-MS/MS (Flüssigchromatographie gekoppelt mit Tandemmassenspektrometrie) erfasst. Die Analytik ist jedoch durch die Notwenigkeit einer Vielzahl an isotopenmarkierter Standards für jede Einzelsubstanz erschwert. Somit haben sich in der Routineanalytik die indirekten Methoden durchgesetzt, die die Ester gruppenweise als Summe erfassen. Grundlegend basieren die indirekten Analysenmethoden auf der Spaltung der Ester in die freien Komponenten, deren Isolierung und darauffolgende Derivatisierung. Die anschließende Detektion erfolgt mittels GC-MS (Gaschromatographie gekoppelt mit Massenspektrometrie). Die zahlreichen Verfahren unterscheiden sich im Wesentlichen in der Art der Esterhydrolyse (sauer, alkalisch oder mit Hilfe von Enzymen) und den verschiedenen Derivatisierungsmöglichkeiten (PBA, Phenylboronsäure; HFBA, Heptafluorbuttersäure-Anhydrid; HFBI, Heptafluorbutyrylimidazol).

Die 3-MCPDE und GE-Analytik begann 2007 mit der „Ur-Weißhaar-Methode“, die als DGF C III 18 Methode bekannt wurde. Diese indirekte Methode wurde jedoch von der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft e.V. (DGF) zurückgezogen und die überarbeitete Version als DGF-Einheitsmethode C-VI 17 veröffentlicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in den Jahren 2009 bis 2011 verschiedene indirekte BfR-Methoden (BfR 8-01, 9-01 und 10-01) vorgestellt sowie optimiert, die jeweils auf chloridfreien Ansätzen, verschiedenen Spaltungsvarianten und unterschiedlichen Derivatisierungs-reagenzien beruhen. Eine Reihe von indirekten Methoden wurde ebenfalls von der American Oil Chemists‘ Society (AOCS) veröffentlicht (AOCS Cd 29a-13/“Unilever“, AOCS Cd 29b-13/“Kuhlmann 3 in 1“, AOCS Cd 29c-13/“DGF“, AOCS Cd 30-15). Erfolgt die Esterspaltung unter milden Bedingungen (-22°C für 16 Stunden) ist es möglich 3 MCPDE, GE und zusätzlich 2-MCPDE simultan zu bestimmen. Nach der jüngsten Methodenentwicklung ist es realisierbar, die gebundenen und die freien Substanzen in einem Verfahren zu ermitteln, die auch als „Kuhlmann 5 in 2 Methode“ bekannt ist. Hierbei wird die polare sowie die unpolare Fraktion voneinander getrennt und jeweils zur weiteren Analyse eingesetzt. Dadurch ist die Bestimmung der fünf Prozesskontaminanten direkt in fetthaltigen Lebensmitteln möglich ist.