MCPD- und Glycidylester – ein Update

Thermische Reaktionsprodukte werden meistens im Rahmen der Maillard-Reaktion gebildet und zählen zu den Prozesskontaminanten (sog. „foodborne toxicants“). Derartige Stoffe, die noch bis vor einiger Zeit nur Experten-Kreise beschäftigt hätten, heutzutage jedoch sogleich von öffentlichem Interesse sind, können entweder im Lebensmittel selbst oder in deren Rohstoffen gebildet werden. Erstere wird als endogene Bildung, letzterer als exogener Eintrag bezeichnet.

Was sind eigentlich MCPDE und GE?
3-Monochlor-1,2-propandiol (3-MCPD) wurde erstmals 1978 in Lebensmitteln wie Sojasaucen, Würzen und Brühen nachgewiesen. Es gehört wie auch 2-Monochlor-1,3-propandiol (2-MCPD) zu den Chlorpropanolen und wird als „freies MCPD“ bezeichnet. Seit nunmehr fast 10 Jahren ist auch „gebundenes“ MCPD in Form von Mono- oder Diestern unterschiedlicher Fettsäuren (3-MCPDE, s. Abbildung 1) bekannt.


Abbildung 1 Strukturformeln der Monochlorpropandiole und deren Ester




Als weitere in diesem Kontext relevante Substanzen wurden im Rahmen der Methodenentwicklung zur Analytik von 3-MCPDE die Glycidylester (GE) (s. Abbildung 2) identifiziert.

Abbildung 2 Strukturformeln von Glycidol und Glycidylester



MCPDE und GE entstehen während des letzten Schrittes der Fettraffination, der Desodorierung. Da sie während der Verarbeitung von Lebensmitteln gebildet werden, bezeichnet man sie als sog. „foodborne toxicants“.
Bei der Desodorierung werden die Speisefette und -öle einer Wasserdampfdestillation bei 200–270 °C unterzogen, um unerwünschte Geschmacks- und Geruchsstoffe zu entfernen. Aus Chlorid-haltigen Komponenten, die originär in Ölfrüchten enthalten sind, können ab Temperaturen von 180 °C Chlorid-Ionen abgespalten werden und mit Triacylglyceriden zu MCPDE reagieren. GE bilden sich im Gegensatz dazu aus Mono- und Diacylglyceriden ab Temperaturen von 230 °C.
Besonders hohe Gehalte an 3-MCPDE und GE konnten in raffinierten Palmfetten und -ölen nachgewiesen werden, wohingegen native und andere nicht hitzebehandelte Fette und Öle, wie z.B. Kakaobutter MCPDE-frei sind.
Im Rahmen einer aktuellen LCI-Studie konnte belegt werden, dass keine endogene Bildung von 3-MCPDE und GE während des industriellen Frittierens von Kartoffelchips in Hochölsäurehaltigen Sonnenblumenölen (engl., High-Oleic Sunfloweroils, HOSO) stattfindet [1].

Wie toxisch sind 3-MCPDE und GE?
Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigen, dass 3-MCPDE nach oraler Aufnahme durch Verdauungsenzyme fast vollständig in freies 3-MCPD gespalten werden. Es erfolgt ebenfalls eine quantitative Freisetzung von Glycidol aus Glycidylestern. Freies MCPD bzw. freies Glycidol wurden von der International Agency for Research on Cancer (IARC) als “wahrscheinlich bzw. möglicherweise kanzerogen für den Menschen“ (Kategorie 2b bzw. Kategorie 2a) eingestuft. Aufgrund dessen wurde für freies und gebundenes 3-MCPD ein Gruppen-TDI (tolerable daily intake) von 0,8 µg/kg Körpergewicht pro Tag definiert. Glycidol wurde außerdem in unterschiedlichen Tierversuchen als genotoxisch beschrieben. Für die Risikobewertung von Glycidol findet der Margin of Exposure (MoE) Anwendung.

Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?
Für MCPDE und GE sind keine Höchstgehalte in Lebensmitteln festgelegt. Es existiert lediglich ein Grenzwert für freies 3-MCPD in Sojasaucen und hydrolysiertem Pflanzenprotein von 20 µg/kg. Generell gilt jedoch, dass keine Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürfen, die Kontaminanten in gesundheitlich bedenklichen Mengen enthalten. Darüber hinaus soll der Gehalt von Kontaminanten in Lebensmitteln so weit wie möglich minimiert werden (ALARA-Prinzip: as low as reasonably achievable-Prinzip).

Wie werden MCPDE und GE analytisch erfasst?
Derzeit finden drei Methoden der American Oil Chemist’s Society (AOCS) als State-of-the-Art-Analytik zur Bestimmung von 3-MCPDE, 2-MCPDE und GE Anwendung. Allen drei Methoden gemein ist die Spaltung der Fettsäureester und Analyse der freigesetzten Verbindungen nach Derivatisierung mit Phenylboronsäure mittels GC-MS. Erfolgt die Esterspaltung unter milden Bedingungen, ist die simultane Quantifizierung von 2-MCPDE, 3-MCPDE und GE möglich (AOCS Cd 29a-13, AOCS Cd 29b-13). Die drei AOCS-Methoden erfassen dabei jeweils die Summe der jeweiligen Ester unabhängig vom Fettsäurerest.

[1] Dingel A, Matissek R (2015) Esters of 3-monochlorpropane-1,2-diol and glycidol: no formation by deep frying during large-scale production of potatoe crisps. Eur Food Res Technol 241: 719–723