Wieviele 3-MCPD-Ester gibt es - Ein Rechenmodell



3-MCPD

3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD), auch als „freies“ 3-MCPD bezeichnet, wird bei der Verarbeitung von Lebensmitteln aus natürlichen Inhaltsstoffen gebildet und gehört somit, ähnlich wie Acrylamid, zur Gruppe der sog. „food borne toxicants“. Erst 1978 wurde das Vorkommen von Chlorpropanolen, und so u. a. auch 3-MCPD, in Proteinhydrolysaten, wie Sojasaucen, Würzen, Brühen etc., nachgewiesen. Kürzlich konnte das Chemische Veterinär- und Untersuchungsamt (CVUA) Stuttgart diese Substanz in nennenswerten Mengen in raffinierten Speisefetten und -ölen sowie in fetthaltigen Lebensmitteln in Form von 3-MCPD-Fettsäureestern nachweisen. Diese kurz als 3-MCPD-Ester bezeichneten Substanzen entstehen nach dem jetzigen Kenntnisstand bei der Desodorierung von Fetten im Rahmen der Fettraffination. Weiterführende Forschung soll hierzu mehr Klarheit bringen.

Unbekannte Toxikologie und Gesetzgebung

Freies 3-MCPD hat in einer Langzeitstudie an Ratten zu Nierenschäden geführt. Bei höheren Dosierungen wurden außerdem gutartige Tumoren beobachtet. Da eine erbgutschädigende Wirkung nicht nachgewiesen werden konnte, ist davon auszugehen, dass freies 3-MCPD in niedriger Dosierung nicht zur Bildung von Tumoren führt. Vom wissenschaftlichen Expertengremium der EU (SCF) und der WHO wurde eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 2 µg freiem 3-MCPD/kg Körpergewicht festgelegt. Für eine 60 kg schwere Standardperson bedeutet dies eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 120 µg freiem 3-MCPD. Für 3-MCPD-Ester fehlen bisher solche Empfehlungen, da bis dato unklar ist, ob und in welchem Umfang im Rahmen der menschlichen Verdauung eine Spaltung zu freiem 3-MCPD stattfindet.

Schwierige Analytik

Die Bestimmung von 3-MCPD in freier Form und insbesondere von 3-MCPD-Fettsäureestern gilt als anspruchsvoll und aufwendig. Bei der vom CVUA Stuttgart vorgestellten Methode wird 3-MCPD durch Umesterung aus den Estern freigesetzt, derivatisiert und das Derivat mittels GC/MS bestimmt. Zur Validierung der Methodik wurde eine Arbeitsgruppe, koordiniert durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), gegründet.

Das Rechenmodell

Aufgrund der Tatsache, dass es eine große Anzahl an möglichen Fettsäuren gibt, die mit 3-MCPD sowohl als Mono- als auch als Diester verknüpft sein könnten, sowie aufgrund der je Ester möglichen zwei stereoisomeren Formen ist, in Abhängigkeit von den infrage kommenden Fettsäuren, eine große bis unüberschaubare Anzahl an 3-MCPD-Precursoren denkbar. Im LCI wurde ein Rechenmodell entwickelt, mit dessen Hilfe sich diese Anzahl einfach berechnen lässt:




x = Anzahl möglicher 3-MCPD-Ester
n = Anzahl der in Betracht kommenden Fettsäuren

Beispiel:

Es sollen 6 Fettsäurereste berücksichtigt werden (z. B. die Reste von C12, C14, C16, C18:0, C18:1 und C18:2), also n=6



Handelt es sich bei dem betrachteten Fett beispielsweise um Rapsöl, so liegt die Anzahl möglicher Fettsäurereste bei ca. 12. Unter diesen Voraussetzungen (n=12) wären bereits 336 verschiedene 3-MCPD-Ester denkbar.

SÜSSWAREN (2008) Heft 7-8

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