Die Polymerasekettenreaktion (PCR)

Ursprünge der Polymerasekettenreaktion

Als K. B. MULLIS im Jahre 1983 während einer nächtlichen Autofahrt die Methodik der PCR erdachte, war ihm sicherlich noch nicht bewusst, welchen weitreichenden Einfluss diese molekularbiologische Technik auf die Erforschung des menschlichen Genoms und die vielen Bereiche der modernen Forschung haben sollte. Die PCR wird angewendet, um bestimmte Desoxyribonukleinsäure-(DNA-)Abschnitte, die durch zwei bekannte DNA-Sequenzen (sog. Primer) eingerahmt werden, zu vervielfältigen. Die Methode erschien zunächst zwar denkbar einfach, aber erst mit der Entdeckung thermostabiler DNA-Polymerasen (siehe unten) und der Entwicklung spezieller Analysengeräte, sogenannter Thermocycler, konnte sich die PCR in der modernen (Lebensmittel-) Analytik durchsetzen.

Was genau ist DNA?

1962 wurde den Forschern CRICK, WATSON und WILKINS für ihre Entdeckung, dass die DNA in ihrem natürlichen Zustand als Doppelhelix zweier antiparallel verlaufender DNA-Stränge vorliegt, der Nobelpreis für Medizin verliehen. Das DNA-Molekül trägt die Erbinformation jedes Lebewesens und besteht aus einzelnen Bausteinen, den Nukleotiden. Jedes einzelne Nukleotid wiederum ist aus einer Base (Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin), einem Zucker (Desoxyribose) und einer Phosphatgruppe zusammengesetzt. Zwischen den komplementären Basen Adenin und Thymin sowie Guanin und Cytosin bilden sich Wasserstoffbrücken und es kommt zur Ausbildung der helicalen Struktur. In der Abfolge der Basen auf einem DNA-Strang steckt die genetische Information (genetischer Code).

Ablauf der PCR

Zur Durchführung muss zunächst die DNA aus dem Untersuchungsmaterial isoliert werden. Im PCR-Ansatz selbst wird dann die charakteristische Ziel-DNA in einem dreistufigen, zyklischen Prozess vervielfältigt (amplifiziert).

Die einzelnen Schritte einer DNA-Amplifikation sind heute meist vollständig automatisiert. In einem Reaktionsgefäß befinden sich alle notwendigen Reaktanden und Hilfsstoffe. Dazu gehören die zu vervielfältigende DNA, die Primer, die zur Zielsequenz komplementär sind und diese von beiden Seiten her einrahmen, die Nukleotide und die Polymerase, die als Enzym die Nukleotide verknüpft. Der Verlauf der Vervielfältigung wird alleine über ein sich wiederholendes Temperaturprogramm gesteuert.



1. In einem ersten Schritt wird auf 95 °C erhitzt, um die DNA in ihre Einzelstränge aufzutrennen. Man spricht von einer Denaturierung der DNA.

2. Anschließend wird auf eine Temperatur von 50 bis 60 °C abgekühlt, die geringfügig unter der Schmelztemperatur der verwendeten Primer liegt. Nun können sich die komplementären Primer an die Einzelstränge der Ziel-Sequenz anlagern (Annealing).

3. Im dritten Schritt wird die Temperatur wieder angehoben, in der Regel auf 72 °C. Bei dieser Temperatur ist die Polymerase besonders aktiv und beginnt – markiert durch die Primer – eine Kopie der charakteristischen DNA-Sequenz aufzubauen (Elongation).

Danach folgt erneut die Erwärmung auf 95 °C, wodurch die replizierte Sequenz von der Ursprungs-DNA abgelöst wird und nun ihrerseits als Vorlage für eine weitere Kopie dienen kann. Theoretisch sind nach 20 Zyklen aus einem DNA-Molekül über eine Millionen Kopien entstanden. Diese exponentielle Vervielfältigung macht die Methode besonders empfindlich.

Einsatzgebiete der PCR

Überwiegend in der Gentechnologie, der forensischen Medizin, der medizinischen Diagnostik und der Archäologie. Zunehmend wichtiger wird die Methode der PCR aber auch für die Qualitätskontrolle von Lebensmitteln. Neben mikrobiologischen Kontaminationen können gentechnisch veränderte Organismen (GVO) nachgewiesen und ihr Anteil im Lebensmittel bestimmt werden. Darüber hinaus wird die PCR-Analytik zur Pflanzen- oder Tierartendifferenzierung und zum Spurennachweis von Lebensmittelallergenen genutzt.

Der Erfolg der Methode, die heute in vielen Laboren zur Routineanalytik zählt, war so bahnbrechend, dass MULLIS für seine Entdeckung 1993 den Nobelpreis für Chemie erhielt – eine Entdeckung, deren Veröffentlichung zunächst vom Fachmagazin „Nature & Science“ abgelehnt wurde.

SÜSSWAREN (2008) Heft 10

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