Mineralölrückstände in Lebensmitteln - MOSH und MOAH

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Lebensmittelverpackungen aus recyceltem Papier hohe Gehalte an Mineralölkomponenten enthalten können, welche z.B. durch bedrucktes Zeitungspapier oder durch mineralölhaltige Druckfarben in den Recyclingprozess eingebracht werden können.


WAS SIND MOSH UND MOAH?
Mineralöle setzen sich im Wesentlichen aus zwei chemisch und strukturell unterschiedlichen Fraktionen zusammen. Die Majorfraktion besteht zu einem Anteil von 75-85% aus sog. MOSH (mineral oil saturated hydrocarbons), bei der Minorfraktion mit einem relativen Anteil von 15-25% handelt es sich um sog. MOAH (mineral oil aromatic hydrocarbons). Beide Fraktionen sieden im Bereich 250-300°C und verfügen über Kohlenstoffzahlen von meist <C25.

MOSH sind paraffinartige, d. h. offenkettige, meist verzweigte und naphtenartige (zyklische) Kohlenwasserstoffe mit niedriger bis mittlerer Viskosität. Bei MOAH handelt es sich um aromatische Kohlenwasserstoffe, die überwiegend aus 1-4-Ringsystemen bestehen und bis zu 97 % alkyliert sind.


WIE GELANGEN MINERALÖLE INS LEBENSMITTEL?
Mineralölbestandteile können auf verschiedenen Wegen ins Lebensmittel gelangen. So können die bei der Produktion von Lebensmittelverpackungen aus ökologischen Gesichtspunkten häufig eingesetzten Recyclingkartons (hergestellt aus recyceltem Altpapier) höhere Mineralölanteil enthalten. Ursprung dieser Mineralöle sind Druckfarben, wie sie üblicherweise im Zeitungsdruck verwendet werden. Diese Mineralöle aus Druckfarben und Recyclingkartons können in hohen Mengen in verpackte Lebensmittel übergehen. Die Migration in das Lebensmittel erfolgt in der Regel über Verdampfung, Transport in der Gasphase und Rekondensation im Lebensmittel. Infolgedessen ist sie beschränkt auf Mineralölkomponenten mit einem gewissen Dampfdruck (z. B. Kohlenwasserstoffe <C25). Innenverpackungen aus Papier, PE (Polyethylen) oder PP (Polypropylen) verzögern die Migration, unterbinden sie jedoch nicht, wohingegen Aluminium- und PET(Polyethylenterephthalat)-haltige Verpackungen als migrationsdichte Barrieren gelten.

Lebensmittel können allerdings auch bereits vor dem Verpacken Rückstände von Mineralölen enthalten. So kann eine Kontamination zum einen schon während des Transports von Lebensmitteln in mit Mineralölen belasteten Jutesäcken stattfinden. Zum anderen besteht die Möglichkeit eines Mineralöleintrags bereits während der Lebensmittelproduktion, z. B. durch ölende Maschinenteile oder durch Schmierfette, die bei Wartungs- bzw. Reinigungsarbeiten verwendet werden. Auch durch Mineralölhaltige Wachsüberzüge, die direkt auf Lebensmittel aufgebracht werden oder durch Mineralölhaltige Lebensmittelzusatzstoffe, die zur Oberflächenbehandlung eingesetzt werden kann ein Eintrag stattfinden. Diese Eintragsquellen spielen heutzutage praktisch keine Rolle mehr, da hier in den letzten Jahren Vorbeugemaßnahmen umgesetzt wurden.

Ferner ist eine umweltbedingte „Grundbelastung“ von Lebensmittelrohstoffen mit Mineralölkohlenwasserstoffen, z. B. durch Abgas von Benzinmotoren, Emissionen aus Energieversorgungs- und Industrieanlagen sowie Feinstaub asphaltierter Straßen möglich.


WIE TOXISCH SIND MOSH/MOAH?
Kürzerkettige gesättigte Kohlenwasserstoffe werden vom Körper leicht aufgenommen und können somit in bestimmten Organen angereichert werden. Ferner ist aus tierexperimentellen Studien bekannt, dass Mineralölgemische mit niedriger Viskosität im Körper gespeichert werden und zu Schäden in der Leber, den Herzklappen und den Lymphknoten führen können. Bisher wurden von JECFA, SCF und EFSA toxikologische Bewertungen der Mineralöle vorgenommen. Der temporäre ADI-Wert für MOSH (sog. Class II/III-Mineralöle mit Kohlenstoffzahl <C25) beträgt 0,01 mg/kg Körpergewicht.

Die Aufnahme von Mineralölgemischen mit einem hohen Aromatenanteil (MOAH) sollte nach Ansicht des BfR gänzlich vermieden werden, da nicht auszuschließen ist, dass in der MOAH-Fraktion krebserregende aromatische Verbindungen (evtl. auch Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, PAH) enthalten sind.

Eine aktuellen Bewertung der EFSA von Mai 2012 geht von einer täglichen MOSH-Aufnahme von 0,03-0,3 mg/kg KG bei Erwachsenen aus. Bei einem NOAEL (no-observed-adverse-effect-level) für MOSH von 19 mg/kg KG kann hieraus ein MOE (margin of exposure) von 59-690 abgeleitet werden. Aufgrund dieser neuen toxikologischen Bewertungen der EFSA ist eine Korrektur des temporären ADI für MOSH vorgesehen.

WIE BESTIMMT MAN MOSH/MOAH?
Die Bestimmung der Mineralölgehalte in Lebensmitteln gilt als äußerst anspruchsvoll, insbesondere da es sich hierbei um ein komplexes Gemisch handelt, das als Summe aller Komponenten quantifiziert werden muss. Eine Einzelkomponentenanalyse ist aufgrund der enor-men Anzahl der Verbindungen nicht möglich. Aus diesem Grund werden bei der gaschromatographischen Analyse komplexer Mineralölgemische keine scharfen Peaks, sondern sehr breite Signale erhalten. Analytiker sprechen in solchen Fällen von einem chromatographischen „Hügel“ (engl. hump oder „unresolved complex mixture“, UCM). Nach derzeitigem Stand der Technik erfolgt die Analytik von MOSH und MOAH am einfachsten mit Hilfe eines online gekoppelten LC-GC-FID (Flüssigchromatographie-Gaschromatographie-Flammenionisationsdetektion) nach einer säulenchromatographischen Probenaufreinigung. Ein normiertes in Ringversuchen überprüftes Referenzverfahren steht für die Analytik der Mineralölbestandteile bisher nicht zur Verfügung. Zusätzlich erschwert wird die Analytik vielfach durch andere oligomere Strukturen, sog. POSH (polyolefin oligomeric saturated hydrocarbons), die aus PE (Polyethylen)- oder PP (Polypropylen)-Folien in das Lebensmittel migrieren können und analytisch nicht von den MOSH bzw. MOAH zu unterscheiden sind.

Die Lebensmittelwirtschaft ist schon seit Jahren bemüht, die Einträge an Mineralölen in Lebensmitteln zu minimieren. Aufgrund der Vielfalt der Eintragsquellen und der Komplexität der Analytik ist dies eine immense Herausforderung.


SÜSSWAREN (2012) Heft 5

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